23.06.2009 Uhr | |||||
Ein widerlicher Leserbrief und seine Folgen |
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Ich möchte mich an dieser Stelle nun einmal ganz persönlich zu Wort
melden und die derzeitige Situation aus meiner Sicht klar stellen: Ich - Sandra Meinung, eine der Restauratorinnen der Marienkirchenfenster - habe die 22. Glasmalerei-Ausstellung in der St. Marienkirche zum Anlass genommen, um mich bei den zahlreichen Gästen offiziell zu verabschieden. Ich habe diesen Termin wohlweislich gewählt, da mir dieser interne Rahmen das geeignetste Podium erschien und ich zu vielen Gästen auch persönliche Kontakte pflege. Meine Worte hatten den Dank an alle Mitwirkenden der Ausstellungsreihe und meinen Abschied zum Inhalt. Ich habe den Gästen erklärt, dass ich die Entscheidung, Frankfurt (Oder) zu verlassen mittlerweile gefällt habe bzw. fällen mußte und dass ich mir das sicherlich nicht leicht gemacht habe. Diesen Entschluss habe ich damit begründet, dass es "seitens der Stadtverwaltung Frankfurt (Oder) keinerlei Bestrebungen gibt, das Projekt Gläserne Werkstatt fortzuführen und es auch sonst keine Zukunftspläne für die Restaurierungswerkstatt gibt, es gibt weder Unterstützung noch irgendwelche Ideen – alles keine Basis für ein zukunftsfähiges Projekt, zu dem es sicher für eine gewisse Zeit das Zeug gehabt hätte... Die Situation ist also für mich hier nicht so, dass sie noch zum Verweilen und Arbeiten einlädt." So meine Worte. Diese durchaus kritischen Worte wurden von mehreren Medien aufgeriffen und - aus meiner Sicht - in drastischerer Weise wiedergegeben als ich es beabsichtigt hatte. Dass ich Kritik geübt habe, dazu stehe ich, aber dass es gleich ein Generalangriff geworden ist ("Restauratorin sagt Stadt Versagen nach"), war mir ehrlichgesagt zu heftig. Wie dem auch sei, damit kann ich zur Not noch leben. Womit ich nicht leben kann, ist der darauf folgende Leserbrief eines Pfarrers dieser Stadt. Diese in der Märkischen Oderzeitung abgedruckten Zeilen sind die öffentliche Beschmutzung meiner Person und meines langjährigen, weit über die eigentliche Restaurierungsarbeit hinausgehenden Engagements. Der eigentliche Brief des Herrn L. war noch viel länger und diffamierender als der abgedruckte, gekürzte Leserbrief. Eine größere Gemeinheit und Niederträchtigkeit ist mir in meinem ganzen Leben noch NIE widerfahren - und das noch von einem Mann, der sich Pfarrer nennt. Das wollte ich an dieser Stelle mal gesagt haben und vielleicht liest ja irgendwer diese Zeilen und schenkt mir Glauben, mit dem was ich schreibe und nicht einem Pfarrer, der ungeniert seinen Schlamm über mir ausschüttet und eine Zeitung, die so etwas auch noch abdruckt. Ich bin jedenfalls am Boden zerstört, dass ich eine solche Diffamierung über mich ergehen lassen muß und habe meinen ganzen Elan und meinen Enthusiasmus für das Projekt verloren. Ich werde somit nur noch die ausstehenden Restaurierungsarbeiten zu Ende bringen und dann das Projekt zu einem schnellstmöglichen Abschluss bringen. Das bedeutet auch, dass ich weder zu Führungen noch zu irgendwelchen anderen Aktivitäten bereit bin. Ich habe mich all die Jahre genug engagiert (und damit meine ich nicht die eigentliche Restaurierungsarbeit, die ja bezahlt wurde, sondern alle meine darüber hinausgehenden Aktivitäten, denen ich viel Freizeit, auch privates Geld und Mittel und vor allem viel, viel Herzblut gewidmet habe) und nun sehe ich mich am Ende meiner Kräfte. Tröstlich dabei ist, dass es viele Menschen gibt, die mir beigepflichtet und zu meinem Mut, das Problem öffentlich anzusprechen, gratuliert haben. Und ganz besonders, dass es auch einen Menschen gegeben hat, der dieses schlammbeschmutzte Bild von mir wieder etwas gerade gerückt hat. Ganz herzlichen Dank sehr geehrter Herr Wachner! Doch leider bleibt es ein beschmutztes Bild und die Beleidigungen scheinen kein Ende zu nehmen. So muß ich heute aus einem weiteren Artikel entnehmen, dass das, was ich gesagt habe, kontraproduktiv ist und dass ich das nur aus Verärgerung über fehlende berufliche Perspektiven getan hätte. Tja - dem kann ich leider auch nur widersprechen. Ich sah das Problem in einer vertanen Chance für die Stadt, etwas Größeres mit den ach so berühmten Fenstern zu erreichen und der Pressesprecher sieht es auch nur wieder - wie Herr L. - als einen Rachefeldzug meinerseits an. Wie kleinkarriert gedacht! Ich habe mich schon vor Monaten damit abgefunden, dass meine Zukunft nicht mehr in Frankfurt (Oder) liegt. Das Projekt ist schon lange gestorben, es wird mit Abschluss der Restaurierungsarbeiten nur noch beerdigt. Wie schade für Frankfurt (Oder), das die Dimension dieser Werkstatt und einer Frau, die sich dafür engagieren wollte, nicht erkannt hat. Sandra Meinung Im "BlickPunkt", einer Wochenzeitung für das Land Brandenburg, ist am 17. Juli 2009 zu diesem Thema ein sehr interessanter Leserbrief erschienen, auf den ich hier gern noch hinweisen möchte: Mehr Meinung Frankfurt. Da hat Sandra Meinung nun wahrhaft ein Schwerverbrechen begangen: Die Restauratorin der Bleiglas-Chorfenster in der Frankfurter Marienkirche wagte es doch tatsächlich, die Stadtverwaltung in puncto Vermarktung der mittelalterlichen Scheiben zu kritisieren. In einer kleinbürgerlichen und immer mehr ins Mittelmaß abrutschenden Stadt ist dieses Handeln wohl als Todsünde anzusehen. Das Rathaus und die Mehrheit der regionalen Medien gehen nun mit vereinten Kräften auf die Frau los, behandeln sie wie eine Aussätzige. Selbst Pfarrer Helmuth Labitzke, Vorsitzender des Fördervereins St. Marien, fiel mit Vokabeln wie „verletzte Eitelkeit“ und „übersteigertes Geltungsbedürfnis“ aus seinem göttlichen Rahmen. Dagegen muteten die ausgewogen recherchierten Beiträge der Herren Bernd Kluge und Henry-Martin Klemt in der jüngsten „BlickPunkt“-Ausgabe doch als sehr wohltuend an. Letztlich ist Sandra Meinung nur ein einziger Vorwurf zu machen: Warum hat die Restauratorin der gläsernen Bilderbibel ihre Bestandsaufnahme nicht schon vor zwei oder drei Jahren in der Öffentlichkeit kundgetan? Damit hätte sie beispielsweise dem Frankfurter Rathaussprecher Sven Henrik Häseker den Wind aus den Segeln nehmen können. Der orale Blasebalg des Oberbürgermeisters musste sich natürlich auch mit Äußerungen wie „kontraproduktiv“ und „Verärgerung über fehlende berufliche Perspektiven“ in die Debatte werfen. Die Stadt Frankfurt (Oder) wird sich schnellstens überlegen müssen, ob sie im Umgang mit dem soziokulturellen Forum Marienkirche eine weitere Chance vertun will, Touristen in größerer Zahl in die Kleist-Stadt zu locken. Und bevor man kollektiv auf Sandra Meinung mit dem Finger zeigt, sollte eher darüber nachgedacht werden, welche Kombi-Pakete für potenzielle Gäste geschnürt werden könnten. Als Partner wären doch die Konzerthalle, das Kleist Forum, der Grüne Markt, der Adventsmarkt in St. Marien oder auch die Hotels in der Oderstadt bestens geeignet. Rico Jalowietzki |
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